Flintoff

John-Paul Flintoff »Wie man die Welt verändert«

Flintoff, J.-P. (2012). Wie man die Welt verändert: Kleine Philosophie der Lebenskunst. Zürich: Kailash München.
Originaltitel (2012). How to Change the World — The School of Life. London: MacMillan.

Gelesen / Exzerpt: 30.7. – 2.8.2015 / 5.8.2015
Standort: eigene Sammlung

Abstakt

In dem Buch geht es darum, wie ich als Mensch, als einzelne Person, zur Verbesserung der Welt beitragen kann. Angefangen vom Ändern der eigenen Sichtweise bis hin zum Aktionismus. Dabei legt Flintoff Wert drauf, dass im kleinen begonnen wird. Er zählt eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten auf, belegt diese mit berühmten sowie privaten Beispielen und stellt an den motivierten Leser Aufgaben. Diese sind in einem Appendix nochmals mit weiterführenden Literaturhinweisen zusammengefasst. Ebenso befindet sich im Anhang eine Veröffentlichung der »198 Methoden gewaltlosen Vorgehens« von Gene Sharp erschienen im Buch »Von der Diktatur zur Demokratie. Ein Leitfaden für die Befreiung«. John-Paul Flintoff ist Fakultätsmitglied der School of Life, die 2008 von Alain de Botton gegründet wurde.

Ausarbeitung

Ausgehend von der Fragestellung: Wie ich als Designerin aktiv werden kann, gibt mir der Text viele Ansätze und Antworten darauf, was ein einzelner Mensch in Bewegung setzen kann. Flintoff untermauert mit vielen Beispielen den Schmetterlingseffekt, oder wie es Florian Pfeffer nennt, das Hebelwirkungs-Prinzip. Allain de Botton schreibt in »Wie Marcel Proust Ihr Leben verändern kann« von gleichen Ansätzen. Ausgehend für jede Aktion ist, positiv zu denken. Im Kapitel »Mit der Schwarzseherei aufhören« beschreibt Flintoff, was wir alle sehr gut kennen. Pessimismus, Ohnmacht, Desinteresse, Vereinfachung, Trägheit, Faulheit. Bestätigt wurde das bravourös im Interview mit Henry Huferneuter, Vorstand des Bürgervereins Neustädter Markt in Leipzig. Die konkrete Aufgaben an den Leser in »Was treibt mich an?« habe ich selbst für mich beantwortet. Überraschend waren dabei die Antworten auf die Frage »Wer bin ich«. Hier haben sich über die verschiedenen Rollen, die ein Mensch, in diesem Fall ich selbst, hat, das Bewusstsein geändert. Schon allein der Akt des Schreibens hat Fragen aufgeworfen. Ressourcenverbraucher oder Stromkunde, Müllproduzent oder Abfallentsorger, Leipzigerin oder Stadtbürgerin. Ich wusste vorher durchaus schon, was meine Rollen sind, aber das Notieren, hilft mehr Klarheit durch Formulieren zu erlangen. Schon allein diese Wortfassung bestimmter Tätigkeiten erzeugt eine positive oder negative Konnotation. Mit welchen Tricks wir uns hier manchmal schon aus der Affäre ziehen, lässt sich sicher nicht sagen.

»Ein paar Gedanken zur Strategie« hilft dem Leser sein Themengebiet zu finden. Wertungen gibt es nicht. Ob es nun kleine Dinge sind, wie »Öfters mit den Kindern backen« (S.57) oder »Krieg, Armut, Umweltzerstörung, Hunger, …« (S.56). Dabei zählt nicht die Tat, sondern die Bedeutung, denn hinter »Öfters mit den Kindern backen [steht] das Beste, was unsere Vorfahren zu bieten hatten, an die noch ungeborenen Generationen weitergeben.« (S.57) Flintoff merkt dazu an »Wenn die Aufgabe, die Sie ins Auge gefasst haben, nicht unbedingt sehr ehrgeizig wirkt, liegt es vielleicht daran, dass Sie bewundernswert bescheiden sind und noch nicht die richtigen Worte gefunden haben, um ihre kosmische Bedeutung zu beschreiben.« Ausserdem schlägt er Kategorisierung vom Problemen vor, um sich zu verinnerlichen, welcher Art sie sind, und wer betroffen ist: (S.58f)
»1. Probleme, von denen jeder betroffen ist«, es aber keine vorstellbare Lösung gibt
»2. Probleme, von denen […] wenige Menschen betroffen sind«, oder Teile der Bevölkerung (Benachteiligung)
»3. Probleme, die für jedermann eine Bedrohung darstellen, aber nur von einer […] Minderheit erkannt werden« (Klimawandel, Bevölkerungszuwachs, Ressourcenknappheit)
»4. Keine Probleme, sondern Chancen.« Wie Stadtteilverschönerung, alternative Wahlsysteme, Urban Gardening, Nachbarschaftspflege, Hausprojekte. Flintoff gibt im Kapitel »Zeugnis ablegen« ein kleines Beispiel, wie er selbst mit Sokrates philosophischen Ansatz seinen Vermieter davon überzeugen konnte, die Mieterhöhung doch nicht durchzusetzen. (S. 83) Nachfolgenden stellt der Autor in »Was wir brauchen« und »Der erste Schritt« Methoden vor, wie man im Bekanntenkreis Unterstützer findet, was unsere Handlungen bewirken können und wie naheliegend, aber mutig und am Ende gesellschaftsändernd die 1. Tat sein kann.

Im zweiten Teil des Buches, gibt Flintoff konkrete Ratschläge, wie eine Aktion gestaltet werden kann. Dabei greift er wie schon im 1. Teil auf persönliche und weltbekannte Bespiele zurück. Neben »Auf Schönheit achten und Freude« zum Theme Ästhetik, »Der schnöde Mammon« zum Thema Finanzen, »Liebe hilft weiter« zum Thema Solidarität / Nächstenliebe, »Unser Zeil: Friedensnobelpreis« zum Thema politische Konfliktlösung liegt mein Augenmerk auf »Anreize schaffen«. Hier geht es darum, wie man auf Probleme blickt, wie man sie benennt, wie man ihnen Namen gibt, wie man über sie redet und letztendlich zum Diskurs macht. »Wenn wir davon sprechen, dass wir »Probleme« lösen müssen, kehren uns die Leute wahrscheinlich den Rücken zu oder gucken gelangweilt, denn meist assoziieren sie mit dem Wort »Problem« gleich etwas Übles und Unangenehmes.[…] Vor allem die Umweltbewegung mit ihrem schier endlos wiederholten Warnungen vor dem Untergang ist schuld daran, dass wir so mutlos geworden sind.« (S.137) »Die große Aufgabe besteht also darin, Pflicht und persönliches Interesse zur Deckung zu bringen und zu fragen, Wie können wir der guten Sache einen Reiz abgewinnen, statt sie als Notwendigkeit zu präsentieren.« Als Bespiele nennt er die Green Belt Movement von Wangari Maathai 1977 in Kenia gegründet (S.139), die »Transition-Town-Bewegung« von Rob Hopkins 2005 in England ins Leben gerufen und ein eigenes Experiment mit seinen Nachbarn.

Es geht im weitesten Sinne um Kommunikation im engsten um Interaktion. Die Art der Kommunikation bestimmt die Debatte, den Austausch, die Handlungsmöglichkeiten und die Aktionen. An diesem Punkt schliesst sich der Kreis zum Thema Wahrnehmungsveränderung / Perspektivwechsel und dem Interview mit Henry Huferneuter, dem Text von Allain de Button über Marcel Prost, den Methoden der Situationistischen Internationalen und sicher noch vielen anderen. Nach Marcel Prost gibt es zwei wichtige Dinge: richtig lesen und richtig sehen. Ich würde hier noch richtig sprechen mit dem Verweis auf Heinz von Förster hinzufügen »Der Hörer bestimmt den Inhalt einer Aussage, nicht der Sprecher«. Im Kern: sich in sein Gegenüber einzufühlen, zu verstehen, die besten Handlungsmöglichkeiten in seinem Sinne aufzudecken, auch wenn man selbst diese Erfahrung nicht gemacht hat und das eigene Leben wertzuschätzen, indem man die Details, Besonderheiten, Momente, Sehnsüchte, Wünsche sieht, pflegt und lieben lernt. Rob Hopkins gibt ein Motivationshilfe: »Sie schicken sich selbst eine fröhliche Postkarte aus der Zukunft« (S.143)

Weiterführend
Triodos — »größte Nachhaltigkeitsbank in Europa«
https://www.triodos.de
https://de.wikipedia.org/wiki/Triodos_Bank

»Giving What We Can«, Toby Ord — cost-effective poverty relief
https://www.givingwhatwecan.org
https://en.wikipedia.org/wiki/Giving_What_We_Can

Transition Town Bewegung, Rob Hopkins — Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen, Permakultur
http://www.transition-initiativen.de
https://de.wikipedia.org/wiki/Transition_Towns

Relevanz
Einblick zu den Themem »selbst aktiv werden«, Aktionismus, Anreize schaffen, Kommunikation, Vermittlung

Weiterverarbeitung
»Was machen andere?«, Schulterblick
Kapitel: 1 Gegenstand und 2 Bestandsaufnahme

Vernetzungen
Botton
Förster
Hufenreuter
Pfeffer
Proust

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